Josefin þorgeirsson – Galsi vom Maischeiderland

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Interview aus dem Herbst 2024

Josefin þorgeirsson ist mit Galsi sowohl Mitglied des Bundeskaders als auch im IPZV Nord Sportleistungskader. Auf der MEM in St.Radegund erlebten sie einen Höhenflug mit drei Medaillen und wurden für ihr harmonisches Zusammenwirken mit dem Feather Prize belohnt. Josefin lebt mit ihrem Mann þórður und ihren Kindern auf dem Gestüt Akurgerði bei Rotenburg/Wümme.

HESTUR: Wie hast du Galsi kennengelernt?

Josefin þorgeirsson: 2020  war ich auf der Suche nach einem neuen Pferd. Ich habe natürlich das große Glück, dass mein Mann 99 % aller Pferde kennt. Und þórður ist eingefallen, dass er bei Bernhard Podlech ein Pferd geritten ist: „Dieser Galsi, den müssen wir ausprobieren!“  Galsi ist ein Vollbruder der Keila vom Maischeiderland,  mit der Bernhard Podlech auf der WM 2019 Vizeweltmeister in der T1 wurde.

Jedenfalls stand Galsi auch wirklich zum Verkauf und hat mir auf Anhieb sehr gut gefallen. Aber eigentlich wollten wir noch nach Island und zwei Pferde anschauen. Aber dann war  dort Schneesturm, und es ging nicht. Galsis Züchter  Karl-Heinz und Margit Rettig hofften sehr, dass wir ihn nehmen, und versprachen, ihn niemandem anzubieten,  bis wir uns entschieden haben.  Und so kam es, aus der Islandreise wurde nichts, ich mochte Galsi und er brachte alles mit, wonach ich gesucht habe. Schlussendlich entscheidet immer die Zeit, ob du wirklich mit einem Pferd zusammenwächst oder nicht.  Galsi ist jedenfalls Ende Februar 2020 bei uns eingezogen – und drei Wochen später kam Corona…

HESTUR: Wie war euer gemeinsamer Werdegang?

Ich erinnere mich, dass ihr vor ein paar Jahren auch Fünfgang geritten seid.

Josefin þorgeirsson: Ja, genau – er ist eigentlich  Fünfgänger,  also bin ich mit ihm auch im Fünfgang gestartet und hab mich sofort LK 1 qualifiziert. Worüber ich natürlich total happy war. Die nächste Deutsche Meisterschaft war auf Heesberg im kleineren Rahmen wegen Corona. Dort ist Galsi auch sofort ins A-Finale gelaufen und hat sogar nach den ersten vier Aufgabenteilen geführt. Es war aber leider nicht meine Hand und so sind wir am Ende fünfter geworden, was aber natürlich trotzdem super war für den ersten Saisonstart.

2021 war die DIM auf dem Hirtenhof.  In der Vorentscheidung ist Galsi beim Übergang vom  Tölt zum Trab gestolpert und war lahm. Und damit war er raus. Es hieß zwar,  es sei gar nicht so schlimm, aber es bedeutete schon 10-12 Wochen Pause.

Kurz darauf bin ich zum zweiten Mal schwanger geworden, und aus zehn Wochen sind anderthalb Jahre geworden. Wir haben aber auch gesagt, es ist kein Stress mit diesem Pferd  – er soll ja noch lange halten. Ende Februar 2022 haben wir also unser zweites Kind bekommen. Und so bin ich in diesem Jahr auch keine Turniere geritten,  und Galsi hatte mehr oder weniger Pause, weil es schon mein Pferd ist, das sonst keiner reitet.

Ab Herbst 2022 hab ich langsam wieder angefangen zu trainieren,  unter tierärztlicher Betreuung.  Uns wurde gesagt, das Pferd ist in Ordnung und kann laufen. Und dann hieß es: „So, jetzt musst du ans Limit reiten, um zu gucken, ob er hält oder nicht.“ Und seither war alles gut! Ich klopfe auf Holz, er hat er nie wieder etwas gehabt und es ist auch komplett verheilt.  Ich glaube, es war gut, dass ich ihm so viel Zeit gegeben habe.

Wir haben aber entschieden, dass ich ihn ein Jahr Viergang reite, einfach nur, um die Verletzungsgefahr zu minimieren. Klar kann sich ein Pferd immer verletzen,  aber das Risiko ist beim  Galopp-Pass reiten schon etwas höher.

Im Frühjahr 2023 war þórður auf einer FIZO, und gleichzeitig war Turnier auf dem Sonnenhof. Da hab ich meine Mama und meine beiden Kinder eingepackt und bin dort also  T4 und V2 geritten, weil ich mich ja auch neu qualifizieren musste, und wir haben direkt die LK1 Qualifikation erreicht. Abends sind wir wieder nach Hause gefahren, weil þórður den Hänger für die nächste FIZO brauchte.

Nach zwei weiteren Turnieren kam die DIM in Neuler und auch da haben wir uns direkt für die A-Finale qualifiziert. Ich wusste, dass Galsi ein talentiertes Pferd ist, aber ich hätte nie gedacht, dass wir so schnell wieder so gut werden! Das war gar nicht geplant.  Wir waren auch nur auf wenigen Turnieren, als zweifache Mutter kannst du nicht jedes Wochenende auf irgendein Turnier fahren.

Wenn man mich  fragt, was ich beruflich mache, dann bin ich in erster Linie Mama, Hausfrau und Ehefrau, außerdem bin ich die Managerin meines Mannes und unseres Hofs – und ganz zum Schluss bin ich Reiterin.

HESTUR: Wie verbindest du intensives Pferdetraining und Mutter sein im Alltag?

Josefin þorgeirsson: Unsere beiden Kinder sind so klein, zweieinhalb und fünf Jahre alt, ich muss sie immer mitnehmen, wenn ich unterwegs bin. Das ist eine Riesen-Herausforderung, und deshalb sind meine Eltern bei allen Turnieren dabei. Ganz großer Respekt gilt da meiner Mama. Ohne sie würde das gar nicht funktionieren.

Sie passt immer auf beide Kinder auf und sieht mich fast nie reiten, weil sie mit den Kindern oft am Wohnmobil bleibt, denn unser Sohn ist ja noch so klein.

HESTUR: Am besten lief es ja für dich und Galsi auf der MEM in St.Radegund. Wie hast du das erlebt?

Josefin þorgeirsson: Drei Wochen vorher war ja erst die DIM, und es war nicht schlecht, aber es war aus verschiedenen Gründen nicht unbedingt unser Turnier.

Vor der MEM habe ich noch einmal viel mit þórður trainiert, wir konnten an ein paar Details feilen.  Das scheint funktioniert zu haben, und genau dort war Galsi dann auf dem Höhepunkt. Die Fahrt hat sehr lange gedauert, 11-12 Stunden.  Aber wir sind angekommen, die Anlage in St.Radegund war perfekt, und das deutsche  Team war super. Der Zusammenhalt unter den Reitern war stark und wir haben uns alle untereinander  geholfen.

Die große, breite Ovalbahn dort gefiel Galsi, die Abreitemöglichkeiten waren optimal und dann war im Zeitplan auch als erstes die T2, was uns liegt. Wir sind da reingeritten und die Atmosphäre war großartig, die Deutschen haben mich gepusht, und dann lief er mit 7,90 unsere höchste Vorentscheidungsnote!  Das war natürlich schon ein toller Start, auch wenn ich als zweite auf der fünften Position war, und noch das B-Finale reiten musste.

Aber ich war wirklich überwältigt vom Zuspruch auf der MEM, viele Richter sind zu mir gekommen und haben mich gefragt, was das für ein Pferd ist, obwohl ich ihn schon ein paar Jahre habe – aber es war unser erstes internationales Turnier. Galsi hat also Eindruck hinterlassen, auch am nächsten Tag im Viergangpreis. Ich bin mit 7,50 aus der Bahn geritten und habe nur gedacht: Danke, Galsi, dass du so toll bist und das mit mir machst.

Das B-Finale haben wir dann haushoch gewonnen.

Das hat mein Selbstbewusstsein gestärkt und gab mir das Gefühl: „Hey, wir können auch gegen die nächsten fünf bestehen.“ Und dann haben wir im A-Finale dreimal 9,0 beliebigen Tempo bekommen – solche Noten bin ich vorher auch nie geritten.

Dann mussten wir innerhalb von 50 Minuten das nächste Finale reiten und erhielten die 7,83 im Viergang und holten die zweite Silbermedaille mit 0,04 Abstand zum amtierenden Weltmeister. Die Finale waren so knapp hintereinander, ich glaube,  das hat Galsi wirklich für mich getan!

HESTUR: Du hast ja auch den Feather Prize für harmonisches Reiten bekommen.

Josefin þorgeirsson: Ja, es war unfassbar, damit am Ende des Tages noch gekrönt zu werden. Denn es war mein größtes Ziel, einmal diesen Preis zu erhalten. Vielleicht ist das sogar noch besser als ein Meistertitel.  Ich war so gerührt und ich bin freudestrahlend nach Hause gefahren.

HESTUR: Wie hast du dir diese Art des Reitens erarbeitet und wie trainierst du?

Josefin þorgeirsson: Ich arbeite seit 2010 beruflich mit Pferden, und ich war ein Jahr lang bei  Britta Rasche, also im Großpferdebereich.  Ich habe dort sehr viel mitgenommen und vielleicht sogar das meiste gelernt, was ich jetzt in meinem täglichen Leben beim Training der Pferde anwende.

Eine Dressurtrainerin wie Britta achtet natürlich auch sehr darauf, wie du auf dem Pferd sitzt, und das hab ich gut verinnerlicht in dem Jahr.

Es ist diese Mischung daraus und der isländischen Reitweise, die ich durch þórður vermittelt bekommen habe. Viele Leute sagen zu mir „Josie, es ist so schön, weil du doch irgendwie so anders reitest!“ und dann frage ich.: „Was ist denn anders?“ Und die Antwort ist oft: „Du reitest die Pferde viel freier.“

Ich glaube schon, meine Pferde sind alle gut an den Hilfen, aber sie haben trotzdem dieses eher isländische Vorwärts. Wenn Galsi in die Bahn kommt, hat er die Ohren vorne und strahlt – und das ist auch etwas,  was ich nie ändern würde.

þórður sagt auch immer: „Mach nie zuviel, sondern lass Galsi das machen.“

 

 

HESTUR: Was ist für dich das Besondere an diesem Pferd?

Josefin þorgeirsson: Galsi ist einfach ein unfassbar schönes Pferd mit sehr viel Präsenz. Er ist sehr höflich, als Hengst kann er decken und trotzdem geritten werden, und dabei ist er extrem leistungsbereit. Wann immer du mit ihm arbeitest, gibt er dir noch mehr, als das, was du abfragst. Von der Gangqualität ist es außergewöhnlich, dass er so gute Grundgänge hat, und es spricht ja auch für ihn, dass er als Fünfgänger Viergang laufen kann. Und jetzt ist dieses Fünfgangpferd das zweitbeste Viergangpferd 2024 in Mitteleuropa.

Wir züchten auch mit Galsi und haben schon drei tolle Jahrgänge Fohlen von ihm.

 

Es hat mich sehr gefreut, dass er auf der MEM zeigen konnte, was in ihm steckt, und ich bin gespannt auf die Zukunft!